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Lyrik

Bohemien-Flamenco–Rhapsodie

Gedanken einer Gitane

​

Ich bin eine Vagabundin, 
die letzte ihrer Zunft. 
Meine Mutter ist das Gefühl, 
mein Vater die Vernunft.

 

Mein Vater hat meine Mutter verlassen,
geblieben ist ein einsamer Ort.
Da wo andere bleiben,
ziehe ich weiter fort.

 

Mein Kopf denkt nicht logisch
und auch nicht rational,
Gedanken an Geld und Morgen,
sind mir ganz und gar egal.

 

Dennoch gehen Denker und Weise
täglich bei mir ein und aus.
Bei mir wohnt die Zeit für Gedanken
und Freiheit ist mein Haus.

 

Während andere die Züge verpassen, 
in denen sie vor dem Leben fliehen,
gebe ich mich der Liebe hin 
und bleibe gelassen,
denn mir reicht der Wind zum 
Weiterziehen.

 

Wenn ich gehe, schlägt mein Herz im 
12-er Takt.
Indem mein Blut einen festen 
Wohnsitz hat. 
Und nichts mehr tut weh und nichts 
bereitet Schmerzen,
denn der Nordwind ruft in meinem 
Herzen. 

 

Dann ziehe ich weiter,

bin verloren in Freiheit, Liebe und Zeit.
Bin nicht zum Ankommen,

sondern zum Aufbrechen geboren,
nicht zum Bleiben fähig,

nicht zum Gehen bereit. 

 

Ich bin wie die,

welche die Züge verpassen. 
Nicht mehr und nicht weniger weit.
Nur habe ich um sie zu verpassen
ein bisschen mehr Freiheit und Zeit.

 

Meine Suche hat kein Ziel,
denn Schwestern und Brüder sind tot. 
Vagabunden, Taugenichtse, Zigeuner, 
sind aus der Gesellschaft fort. 

 

Weil ich rastlos durch untiefe Träume renne,
sind die alten Lieder verstummt.
Weil ich dunkle Räume nicht wieder erkenne,
ist die Seele zum Schweigen verdammt.

 

Seit ich durch den blossen Alltag eile,
bin ich taub und stumm und blind.
Auch meine Mutter ist kürzlich 
gestorben; 
Geblieben ist einzig mein Kind.

 

Und ist es nur ein Halbblut
und hört nur mit halbem Herzen auf den Wind, 
dann ahnt es doch die Ferne,
denn es ist ein Zigeuner Kind. 

 

Sonja Laurèle Bauer
August 2005

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